Výbor studií literárního historika a kritika J. B. Čapka (1903 - 1982) je zaměřen na osobnost a dílo Jana Amose Komenského. Autor konfrontuje Komenského s kulturními proudy jeho doby, pečlivé analýze podrobuje i básnické a literární postupy Komenského děl a nechybí ani pasáž věnovaná vztahu Komenského ke Slovensku a ohlasům jeho díla v dalších evropských zemích. Publikaci doplňuje soupis autorových komenian.
Úvod
I.
Komenský a směry jeho doby
Komenského význam básnický a literárně zákonodárný
II.
Dialogi animae
Poutník dvou světů
K otázkám kořenů, stavby a funkce Labyrintu Komenského
III.
Komenský a Slovensko
K neznámým počátkům obrozenské literární historie
IV.
Komenský a organizace vědeckého života
K vývoji kulturního demokratismu J. A. Komenského
K otázce podstaty a funkce comenianismu
Z bibliografie komenian J. B. Čapka
Es ist überflüssig, die grundlegende Stellung Jan Blahoslav Čapeks in der Comenius-Forschung zu betonen. Johann Amos Comenius war für ihn ein ständig wiederkehrendes, sich präzisierendes und ergänzendes Thema. Es bildete einen gewissen Fluchtpunkt, in dem sich die grundlegenden Kategorien und Vorgänge zeigten, mit denen er den ganzen Raum der literarischen Entwicklung verfolgte und der auch seinen wis-senschaftüchen, ethischen und menschlichen Standpunkt zusammenfasste. An dieser Stelle ist ein weiterer charakteristischer Zug von Čapeks Betrachtungen sichtbar - der breite Entwurf der Konfrontation der in- und ausländischen Forschungsansichten und die Breite des fachlichen und kulturellen Überblicks in den interdisziplinären Bezügen.
Schon zu Beginn seines Interesses an Comenius gelangte J. B. Čapek zu Debatten darüber, ob J. A. Comenius eine Persönlichkeit des Humanismus oder des Barocks war. J. B. Čapek legte Argumente zugunsten des Humanismus vor. Er gelangte auch zu Bemerkungen über das Barock. In der Studie Komenský a směry jeho doby (Comenius und die Richtungen seiner Zeit) z.B. weist er auf das Barock als Frucht der romanischen Welt, sowohl der italienischen als auch spanischen hin. Die Kraft des Barocks erkannte er mit einem kritischen Anflug im Sensualismus und Voluntarismus, keinesfalls im Intellekt. Er dachte nur über die barocken Erscheinungen in der Kunst nach; mit den unbestrittenen Ergebnissen der Forschung in den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Medizin beschäftigte er sich nicht. Es richtig, dass Comenius' Glaube an Wiedergutmachung, der Versuch der Völkerversöhnung, die Sehnsucht nach Harmonie, Disziplin und Predigtmäßigkeit den grundlegenden Gegensatz zur barocken Skepsis gegenüber dem Leben und konfessionellen Aggressivität bilden. Dieser Comenius der Ökumene, Harmonie und Universalität ist keine Persönlichkeit des Barocks. Er ist jedoch auch nicht ganz eine Renaissancepersönlichkeit - die Sinnlichkeit der Renaissance, der Rationalismus, der Individualismus und die zuweilen ästhetisierenden Standpunkte waren für ihn unannehmbar. Bei J. B. Čapek finden wir keine Erwähnung des Manierismus, der in den vergangenen zehn Jahren auch auf das Werk J. A. Comenius' angewendet wurde und wo häufig dessen Übergangscharakter zwischen Humanismus und Barock betont wird. Spezifisch für Comenius hält er den reformatorischen Humanismus, der für die Brüdergemeinde bezeichnend ist (die Studie Komenského význam básnický a literárně zákonodárný [Die dichterische und literarisch gesetzliche Bedeutung von Comenius]).
J. B. Čapek begreift Comenius überhaupt als eine Person der Zeitscheide. Es spricht über dessen Vorklassizismus und christlichen Klassizismus. In diesen Zusammenhang rückt er auch die Werke J. Miltons und F. G. Klopstocks, die er dem christlichen Klassizismus zuordnet. Über J. Milton würde ich vorsichtiger urteilen. Dieser wird nämlich aufgrund des Charakters eines größeren Teils seines Werkes zum Barock gerechnet.
Beim Comenius-Forscher J. B. Čapek nimmt auch Labyrint světa (Das Labyrinth der Welt) eine zentrale Position ein. Zu seiner Interpretation liefert er neue charakterisierende Details - in der gegensätzlichen Position von Labyrint und Ráj srdce (Paradies des Herzens), im dynamischen Sinn des Labyrinths, das die dramatische Begabung des Autors nachweist, im spezifischen Begriff" des Všudybuds (positivistischer, faustischer Typ) und des Mámenís (mephistotelischer Typ) und im bewunderungsvollen und melancholischen Abschnitt über Salomon (der weise König Salomon hat den jungen Comenius besonders beeindruckt). In dem analytischen Blick von Čapek blitzt auch die Frage auf, warum in Labyrint der landwirtschaftliche Stand abseits bleibt. Labyrint vermeidet nicht einmal problematische Verschiebungen - z.B. in der Uneinheitlichkeit und Inkonsequenz der Allegorie. Das summierende Problem - die schwierige gattungsmäßige Einordnung von Labyrint - zeugt von der Außergewöhnlichkeit des Werkes und seiner kontextuellen Position. In den Studien zu diesem Thema erweist sich J. B. Čapek nicht nur als gebildeter Komparatist, sondern auch als Literaturhistoriker, der die Materialbasis schätzt und dem auch die interpretatorischen Verfahren, die die Gestalt und den inneren Bau des literarischen Werkes verfolgen, nicht fremd waren.
Aus dem reichhaltigen Ensemble von Studien über Beziehungen wurden zwei Artikel über das Verhältnis von J. A. Comenius und der Comenius-Forschung zur Slowakei in den Sammelband aufgenommen. In der Studie K neznámým počátkům obrozenské literární historie (Zu den unbekannten Anfängen der Literaturgeschichte der Wiedergeburt) analysiert J. B. Čapek Prodromus Historiae Litterariae Bohemicae, dessen Autor, der Arzt Jan Prokopius aus Skalice (verst. im Jahre 1804), als erster im Ausland eine umfangreiche Ausführung zur tschechischen Literaturgeschichte lieferte und sie nicht mit den in der Slowakei wirkenden Schriftstellern verband. Čapeks Befund weist als erster auf den tschechischen Ursprung von Prokopius hin. Die Ausführungen in Prodromus sind die erste Arbeit parallel zu Geschichte der böhmischen Sprache und Literatur von Josef Dobrovský. J. Prokopius selbst gibt Anstöße zur detaillierteren Klärung der Probleme. J. B. Čapek z.B. macht auf die Übersetzung des Werkes des Predigers Bartoloměj Bitner Enchiridion consolatorium aufmerksam, das bislang dem Schwiegervater von J. A. Comenius, Jan Cyrill, zugeschrieben wurde. Prokopius hält den berühmten Schwiegersohn von Cyrill als den Übersetzer; dafür hat er Argumente. Jedenfalls handelt es sich um eine Persönlichkeit, mit der man - blickt man auf die Konstituierung der Geschichte der tschechischen Literatur - rechnen muss.
Den Sammelband beendet eine der gewichtigsten Studien Čapeks K otázce podstaty a funkce comenianismu (Zuř Frage des Wesens und der Funktion des Comenianismus). Es geht um eine tiefblickende Sonde ins Denken und die innere widersprüchliche und angespannte Welt von J. A. Comenius. J. B. Čapek steckte die grundlegenden Pole ab, die Comenius versuchte auszugleichen und zu synthetisieren. Diese bilden den Comenianismus. Es handelt sich um Renaissance und Reformation, Volk und Menschheit, Friede und Abwehrkampf, Personalismus und Kollektivismus, Theorie und Praxis, Vernunft und Glaube sowie Theologie und Wissenschaft. Die Studie umgrenzt gleichzeitig die Stellung von J. A. Comenius in der damaligen wissenschaftlichen Welt. Der Pädagoge und Gelehrte schaffte sich Distanz zu Persönlichkeiten, für die in der Wissenschaft die ganzheitliche menschliche Persönlichkeit, Toleranz und verstehende Humanität nicht entscheidend waren, von Thomas Hobbes, Galileo Galilei bis zu René Descartes. Er ordnete sich Herbert von Cherbury, Hugo Grotius, John Milton und John Locke zu, bei denen er jenes Moment zur Ganzheitlichkeit fand, in der neben Rationalität auch Gefühl und Glaube ihre Funktion haben.
J. B. Čapek als Comeniologe erweiterte vom integrierenden Standpunkt der Literaturgeschichte die Deutung des Werkes von J. A. Comenius, mit historischen und philosophischen Überlappungen. Der herausgegebene Sammelband von Studien erinnert an die Belesenheit und Bildung des Autors. Seine Forscherqualitäten zielten jedoch nicht auf den Effekt provokanter und apodiktischer Urteile. Deshalb wurde Čapeks Stimme im Kontext der Literaturgeschichte bisweilen nicht in Betracht gezogen, aber gerade hinsichtlich der erwähnten Belesenheit und Bildung ist sie hörbar.
Viktor Viktora, Acta Comeniana 19, Filosofia Praha 2005